200 Jahre Fahrrad - das Fest in Schuttern

Heinrich Gütle und Kollegen vom Verein Sturmvogel aus Ebersweier vor dem Amtshaus in Schuttern

Ungefähr 200 Gäste waren gekommen. Angesichts der Vielzahl an konkurrierenden Veranstaltungen an diesem Wochenende ein Erfolg. Etliche dankbare Rückmeldungen haben wir bekommen. Ekkehard Klemm war flexibel und hat einen längeren Vortrag gehalten als geplant. Die Halle war mit aufmerksamen Zuhörern fast voll. Gleichzeitig waren andere im Klostergarten, in der Ausgrabung und im Kabinet des Historischen Vereins an der Klosterkirche. Die Ausstellung des RSC Friesenheim hat einige interessante Stücke aus der Entwicklungsgeschichte des Fahrrades gezeigt. Wer mehr sehen will schaut sich die Ausstellung im Technoseum Mannheim an. Aber auch die Museen der Automarken Daimler-Benz in Stuttgart und das Zweiradmuseum NSU-Audi in Neckarsulm sind einen Ausflug wert, beide zeigen sehr schön die Entwicklung des Individualverkehrs beginnend mit der Laufmaschine des Karl Drais.

Auch das Kurbelveloziped im Offenburger Ritterhaus ist sehenswert. Es steht allerdings etwas verlassen im zweiten Stock. Mit 18 Radlern waren wir dort.

Alle drei Lahrer und Schutterner Tageszeitungen haben berichtet. Am Besten hat uns der Bericht von Wolfgang Schätzle im Lahrer Anzeiger gefallen:

Gelungener Tag des Rads in Schuttern

»200 Jahre Fahrrad« wurde zu einem großen Erfolg. In Schuttern wurde am Sonntag Karl Friedrich Drais ins Rampenlicht gerückt.

02.05.2017

In Schuttern wurde am Sonntag groß gefeiert. Kein Kaiser, kein Kloster-Geburtstag, sondern das Fahrrad und dessen Erfinder Karl Friedrich Ludwig Christian Freiherr Drais von Sauerbronn, der 1817 die sogenannte Laufmaschine erfunden hat. Denn vor seiner bahnbrechenden Erfindung, die einst von Professor Hans-Erhard Lessing aus Mannheim als »Urknall der Mobilitätsgeschichte« bezeichnet wurde, war Drais Forstinspektor in Schuttern. 

Für viele lag es daher nahe, dass der badische Erfinder und Tüftler sein Laufrad nicht in Karlsruhe oder Mannheim erfunden hat, sondern in der Ortschaft Schuttern. Als Grund führte schon Schutterners früherer Bürgermeister Josef Blattmann 1964 dessen lange Wege in den Gemeindewald an. Auch spätere Bürgermeister bis zum heutigen Erik Weide machten sich diese Geschichte zu eigen. Egal wie: Der Allgemeinde Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Ortenaukreis, der RSC Friesenheim, Gemeinde, Ortsverwaltung, die katholische Kirche und die Vereinsgemeinschaft Schuttern luden zur Gedenkveranstaltungen »200 Jahre Fahrrad – eine Erfindung mit Zukunft« in das Dorf ein.

Der Tag begann zunächst etwas verhalten. Nur wenige Radler fanden sich zum eigentlichen Beginn vor und in der Offohalle ein. Doch dies sollte sich bis zum Mittag gewaltig ändern. Immer mehr Gruppen fuhren vor, während drinnen die »Original Filter-Länder« aufspielten. Kaffee- und Kuchengenuss mit begleitender Blasmusik sozusagen. 

Informative Ausstellung

Und draußen konnten richtige Unikate von Fahrrädern bestaunt werden sowie Fahrräder längst vergessener Tage. Unter anderem fuhr auch ein Kuhbacher von Meißenheim kommend mit einem Hochrad vor – wahrlich ein Hingucker. Das waren die Draisinen allemal, die jeder ausprobieren konnten. Eine Gelegenheit, die sich unter anderem Bürgermeister Erik Weide, Ortsvorsteher Hans-Jürgen Kopf, Landtagsabgeordnete Marion Gentges und Bundestagsabgeordneter Peter Weiß nicht entgehen ließen. Auf große Aufmerksamkeit stieß auch die Ausstellung des RSC Friesenheim: Von der Laufmaschine bis zum neuzeitlichen Carbon-Rennrad war alles dabei. 

Voll waren die Stuhlreihen, als Historiker Ekkehard Klem über Drais und seine Zeit in Schuttern referierte. Klem sagte, dass er sich aufgrund seiner Nachforschungen nun sicher sei, dass das Laufrad von Drais nicht in Schuttern erfunden und zusammengebaut worden sei. »Die Schutterner dürfen jedoch stolz darauf sein, dass der Fahrraderfinder von 1808 bis 1810 für Schuttern als Forstinspektor tätig war.« Aus diesem Grund überreichte Klem im Namen des Historischen Vereins Mittelbaden ein Repro-Bild von Drais, dessen Original 1848 von Hofmeister gemalt wurde, an den Historischen Verein Schuttern.

Rundum gelungen

Mit einer Radsegnung vor der ehemaligen Klosterkirche durch Pfarrer Steffen Jelic, wo es zudem auch Führungen durch die Ausgrabungen und durch den Klostergarten gab, endete ein rundum gelungener Fahrradtag, worüber sich vor allem Mit-Initiator und ADFC-Kreisvorsitzender Georg Singrin freute.

Wolfgang Schätzle

Bericht der Lahrer Zeitung und Bericht der Badischen Zeitung und ein Kommentar:

Kommentar:

Verkannt und verspottet? Von den Gleichen die auch heute das Fahrrad in seiner Bedeutung verkennen und verspotten.
Wir haben bewusst auf unserem Fest nicht die von einem ehemaligen Fahrradhändler angebotenen Juxräder haben wollen. Die ausgestellten Exponate waren keine "Kuriositäten" sondern bedeutende Zeugnisse der Technikgeschichte.

Drais wurde durchaus von hellsichtigen Zeitgenossen wie dem Russischen Zar und dem Donaueschinger Fürstenhaus gewürdigt und auch honoriert. Der Markgraf von Baden trug ihm eine Professur an. Der politische Drais - er schloss sich der badischen Revolution an und legte seine Adelstitel ab - wurde gemobbt und verfolgt, bis zur Zerstörung seiner Existenz.

Das Fahrrad ist eine demokratische, antikapitalistische und emanzipatorische Erfindung wie es keine bedeutendere gibt.
Demokratisch: jeder kann es sich leisten.
Antikapitalistisch: niemand wird damit reich.
Emanzipatorisch: schon früh suchten aufmüpfige Frauen das befreiende Erlebnis einer Radfahrt (Hosen statt Röcke!)

Eine Rehabilitierung erster Klasse wäre angebracht.

Helmut Schönberger
Sprecher ADFC Ortenaukreis

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