Französisches Baden

Ein geschichtsträchtiger Ausflug von Achern nach Bühl.

Wir starten im Café Glatt, 5 Minuten vom Bahnhof in Achern und frühstücken kräftig, denn es gibt erst am Ende der Tour um 15 Uhr wieder etwas, dann aber die feinsten Torten Bühls. Nicht dass es dazwischen keine Gelegenheiten gäbe, aber wir wollen den kurzen Tag für Eindrücke nutzen. Mit der Einkehr in einem Café am Schluss wollen wir das Erlebte verarbeiten und die Rückfahrt organisieren, mit der Bahn oder dem Rad.

Verlauf: Illenau und Friedhof - Turenne Denkmal und Museum - Kloster Erlenbad - Assunta - Friedenskreuz - Bühler Amtsgericht - Konditorei Böckeler

Weitere Infos:

Dass die nördliche Ortenau eine so außergewöhnliche Rolle im zweiten Weltkrieg gespielt hat liegt auf Hohritt (Sasbachwalden) begründet. 1935 entstand dort das SS-Erholungsheim Sasbachwalden. Hier traf sich die Führungselite des NS-Staats. Aufenthalte von SS-Führer Heinrich Himmler sind in „Briefe eines Massenmörders“ beschrieben, zu lesen bei books.google.de Er hielt auf dem Hohritt seine letzte bekannte Rede am 3. Januar 1945 vor dem militärischen Führungsstab, als Oberbefehlshaber der Westtruppen. Mit einer groß angelegten Gegenoffensive (Nordwind) wollte er einen partiellen Waffenstillstand erzwingen, um dann gemeinsam mit den Alliierten die Sowjetunion zu bekämpfen.

Der Hauptangriff der Alliierten führte über Freistett über den Rhein. Der Bahnhof Achern war zentraler Nachschubumschlagplatz. Am 7. Januar 1945 wurde Achern von alliierten Bombern angegriffen und die Innenstadt weitgehend zerstört.

www.bo.de/lokales/achern-oberkirch/zeitzeugen-berichten-von-den-leiden-des-letzten-kriegsjahres

Die SS wurde zur bestimmenden Macht in der Region.

Die Illenau

Die Illenau, ein reformpsychiatrisches Krankenhaus wurde 1940 aufgelöst, ein Teil der Patienten der Euthanasie (Ermordung) zugeführt. Heinrich Himmler, als Beauftragter für Südtirol, richtete dann in der Illenau ein Internat für Südtiroler Kinder ein. Später wurden hier Kinder, aus den besetzten Ostgebieten verschleppt, die in den Augen der SS arischer Abstammung waren. In der Illenau wurde eine Napola (nationalsozialistische Erziehungsanstalt) eingerichtet.

Bericht in der Badischen Zeitung über die Ausstellung „Geraubte Kinder“

Nach 1945 wurde die Illenau französische Kaserne und trug den Namen des Marschall Turenne.

Heute ist ein Teil der Stadtverwaltung hier untergebracht. Eine Ausstellung zeigt die Geschichte und ein Gedenkraum würdigt die Opfer.

Illenauer Friedhof

Turenne Denkmal

Am 27.7.1675 kam in Sasbach durch eine kaiserliche Kanonenkugel Marschall Turenne zu Tode. Er war neben Napoleon der bedeutendste französische Feldherr.

Für ihn war das Wohlergehen seiner eigenen Soldaten das Wichtigste. Nur gut versorgte, gesunde Soldaten waren kampfkräftig, dies unterschied ihn von gegnerischen Heerführern.

Für Frankreich ein Nationalheld brachte er für Baden und Elsass Verheerung und Elend. Das Turenne Museum im ehemaligen Wärterhaus ist für uns geöffnet und der Museumsbeauftragte hält einen Vortrag.

Bericht der Zeit

Erlenhaus 1

Alterssitz von Franz von Papen, Reichskanzler 1932 und unter Adolf Hitler stellvertretender Reichskanzler. Seine Lebensgeschichte würde Bände füllen. Der Spiegel nannte ihn den Steigbügelhalter Adolf Hitlers. Seine Agententätigkeit wurde von Hollywood als „Der Fall Cicero“ verfilmt.

Daher soll nur auf bisher weitgehend unbekannte Zusammenhänge hingewiesen werden.

Zum Thema französisches Baden:

Nach dem ersten Weltkrieg gab es in der Pfalz eine starke Separatistenbewegung, die sich von Bayern abspalten und sich an Frankreich anschließen wollte.

Unter Führung von Edgar Jung wurden die Seperatistenführung am 9. Januar 1924 in Speyer ermordet.

Edgar Jung soll sich kurz zuvor mit Adolf Hitler getroffen haben. Adolf Hitler verweigerte eine Unterstützung mit der Begründung wegen ein paar Separatisten gehe er nicht in den Konflikt mit Frankreich (nicht belegt). Jung und Hitler hätten sich zerstritten.

Edgar Jung wurde zum Chefideologe der konservativen Revolution. Ihm strebte eine Diktatur nach dem Vorbild Mussolini Italiens vor. Er wurde Von Papens Redenschreiber. Nach der Machtübernahme von Adolf Hitler, forderte Von Papen in seiner Marburger Rede am 30. April 1934 die wahre konservative Revolution ein und forderte indirekt den Sturz Hitlers. Dies war für Heinrich Himmler der Auslöser für den sogenannten Röhm Putsch. Die SS ermordete alle Personen, die der Diktatur Hitlers entgegenstanden. Der „Röhm Putsch“ war die konservative Revolution nach Edgar Jung, allerdings unter Führung Adolf Hitlers. Franz von Papen wurde Botschafter in Wien, diente Hitler weiter und bereitete den Anschluss Österreichs vor.

Kloster Erlenbad war Zweigstelle der Illenau für die Internate. 1943 wurde hier die Deutsche Heimschule eingerichtet. Die Heimschule Lender half mit Schülern aus. Im Herbst 1944 wurde vor den heranrückenden Truppen die Adolf-Hitler-Schule "Westmark" ins Erlenbad verlegt. Diese Schule war die Kaderschmmiede der NSDAP und sollte die neue Elite ausbilden.

Bühler Friedenskreuz

In Oradour sur Glane trieb die SS die Einwohner des Dorfes in die Kirche und sprengte die Kirche.

1945 erließ Frankreich die „Lex Oradour“. Alle Mitlieder der SS-Truppe sollten hingerichtet werden.

1951 standen 7 Mitglieder der SS zur Hinrichtung an. Darunter mindestens eine Person, die nachweislich nicht an Oradour beteiligt war. Diese Tatsache wühlte Menschen auf beiden Seiten in Frankreich und Deutschland auf. Unter Vermittlung des Paters Manfred Hörhammer der Beziehungen zu Maria Linden, Ottersweier, hatte, verzichtete Frankreich auf Vergeltung für Oradour.

Als Dank, Erinnerung und Wallfahrtsort wurde gemeinsam das Bühler Friedenskreuz am 2.5.1952 errichtet.

Hier wurde durch den Verzicht Frankreichs auf Vergeltung die Grundlage zur Versöhnung von Frankreich und Deutschland gelegt.

Ganz in der Nähe am Friedenskreuz unterhalb der Burg Windeck machte die SS nochmals 2005 Schlagzeilen. Ein Zeitzeuge berichtete, dass die SS Gegenstände in einem Stollen vergraben hätten.

Dies führte zu Spekulationen ob das verschwundene Bernsteinzimmer St. Petersburgs hier vergraben worden sei. Der Zeuge wurde vom Amtsgericht Bühl für seine Aussage zu einer Geldstrafe verurteilt.

Amtsgericht Bühl

Eine Tafel am Amtsgericht Bühl erinnert an die Ermordung von acht französischen Mitgliedern der Reseau Alliance durch die SS während der „Blutwochen im Schwarzwald“.

Tourleitung Bernhard Meucht und Helmut Schönberger. 
Text: Bernhard Meucht, Bilder: Helmut Schönberger

© ADFC BW 2024


Der ADFC Ortenaukreis dankt seinen Fördermitgliedern für ihre Unterstützung:

  • Draisin Spezialräder, Achern

  • Radwelt Rest, Oberachern