Besondere Info zu Fahrradwerkstatt und Corona
Die Fahrradwerkstatt wurde zum Höhepunkt des Flüchtlingsansturms von Sozialarbeiterinnen der Stadt zusammen mit sozial engagierten Menschen, einem ehemaligen Fahrradmechaniker und Aktiven des ADFC Aalen gegründet. Als Anerkennung für das soziale Engagement stellt die Stadt im Bildungszentrum Bohlschule günstig Räume zur Verfügung. Durch einige großzügige Spenden konnten professionelle Werkzeuge und Reparaturständer angeschafft werden. Wer Fahrräder übrig hat und sie spenden möchte, kann sie in die Werkstatt bringen oder sich per E-Mail an sie wenden. |
Die Idee zur Gründung einer Fahrradwerkstatt entstand im Herbst 2013 bei einem ADFC-Kurs „Radfahren lernen für Frauen“. Bei ihm wandte sich ein Beamter der Polizeidirektion Aalen wegen eines unhaltbaren Zustandes an Dr. Ulrich Speidel vom ADFC. Hierbei ging es darum, dass Kinder aus der Wasseralfinger Flüchtlingsunterkunft mit verkehrsunsicheren Rädern fuhren und die Verkehrsregeln nicht kannten.
Herr Speidel nahm Kontakt mit der Leiterin der Unterkunft in der Taunusstraße 16 auf. Diese regte eine technische Überprüfung aller dort vorhandenen Räder an. Hierzu stellte sie zwei kleine Kellerräume der Unterkunft zur Verfügung, einen als Werkstatt und den anderen als Lager für gespendete Fahrräder.
Das war der Startschuss zum Betrieb der ADFC-Fahrradwerkstatt. Gearbeitet wurde in sehr beengten Verhältnissen und mit Werkzeug, das die Startmannschaft (Dr. Ulrich Speidel und Martin Nester vom ADFC Aalen sowie Heinz Volk-Uhlmann) von zu Hause mitbrachten. Die Männer reparierten die vorhandenen Fahrräder und sorgten für deren Verkehrssicherheit. Auch erklärten sie den Kindern die wesentlichen Verkehrsregeln.
Daneben kümmerten sich die Drei um gespendete, vielfach reparaturbedürftige Fahrräder. Sie schauten diese Räder durch und gaben sie anfangs kostenlos an Flüchtlinge ab. Allerdings sollte jeder, der eines wollte, es unter Anleitung selbst herrichten. Dies nicht nur als Gegenleistung für das Rad, sondern auch deshalb, damit die neuen Besitzer zukünftig kleinere Probleme selbst beheben können. Diese Praxis konnte leider nicht beibehalten werden. Denn manche Interessenten konnten oder wollten nicht mitarbeiten und dazu waren Fahrräder, die kein Geld gekostet hatten, in den Augen vieler Flüchtlinge nichts wert, wurden entsprechend behandelt und verschwanden teilweise. Mit der Folge, dass ein weiteres Fahrrad gewünscht wurde.
Um dem entgegenzuwirken, richtete das Werkstatt-Team gespendete Räder nun selbst her und verkaufte sie zu sozialverträglichen Preisen. Damit standen Mittel zur Verfügung, um Ersatzteile zum Herrichten gespendeter Fahrräder zu beschaffen und die Werkstatt nach und nach mit eigenem Werkzeug, Arbeitstischen und benötigten Gerätschaften auszustatten.
Weitere Helfer verstärkten das bis dahin dreiköpfige Werkstatt-Team. Darunter auch Fritz Pflanz, ein Rentner und versierter Fahrradmechaniker, der zu einer großen fachlichen Stütze und „Lehrmeister“ wurde.
Weil die Nachfrage nach günstigen verkehrssicheren Rädern stieg, warb das Team dafür, der Werkstatt nicht mehr benötigte Fahrräder zu spenden. Aus dem Bekanntenkreis kamen 30 Räder zusammen. Eine gemeinsame Zeitungs-Werbe-Aktion mit dem Wasseralfinger Geschäft „Rundum der Fahrradladen“ gegen Endes des Jahres 2014 erbrachte weitere 70 Räder. Ein großer Teil davon wurde in diesem Geschäft und im Rathaus Wasseralfingen unentgeltlich zwischengelagert. Die Wasseralfinger Schlosserei Hägele & Böhm transportierte die Räder ebenfalls unentgeltlich nach und nach von diesen Zwischenlagern zur Werkstatt in die Taunusstraße.
Im Laufe des Jahres 2015 stattete die Werkstatt Flüchtlingsunterkünfte in Abtsgmünd, Kirchheim, Ellwangen und Aalen (Ulmer Straße) mit Werkzeug und einer professionellen Stand-Luftpumpe aus. Dies, damit dort kleinere Rad-Reparaturen selbst durchgeführt werden können. Die Nachfrage nach Rädern stieg, und die Enge in der Keller-Werkstatt wurde zu einem Problem.
(Foto: ADFC)
Ende 2015 begann die Suche nach größeren und für Flüchtlinge zentraler gelegenen Räumlichkeiten, beheizbar und mit sanitärer Einrichtung.
Eine solche wurde mit städtischer Hilfe in der ehemaligen Hofackerschule gefunden. Im März 2016 bezog die Fahrradwerkstatt dieses neue Domizil in der Gartenstraße 93. In ihm fanden zwei von der Firma MAPAL gespendete Werkbänke eine neue Verwendung. Dem weiter verstärkten Werkstatt-Team stand nun ausreichend Platz für den Betrieb der Werkstatt zur Verfügung.
OB Rentschler und Landrat Pavel würdigten die Arbeit des Werkstatt-Teams und die hinter der Fahrradwerkstatt stehende soziale Idee. Der Lions-Club Aalen spendete einen größeren Betrag und sagte konkrete Unterstützung zu.
Die Fahrradwerkstatt verkauft ihre gerichteten Räder nun nicht mehr nur an Flüchtlinge, sondern generell an Menschen mit geringem Einkommen. Außerdem ermöglicht sie es diesem Personenkreis nun, eigene Räder unter Anleitung selbst zu reparieren. Weitere Helfer verstärkten nach und nach das Werkstatt-Team.
Dass der Werkstatt Fahrräder für einen guten Zweck gespendet werden können, hatte sich zwischenzeitlich herumgesprochen. Dazu kam bald, dass die Stadt ihre sogenannten „herrenlosen“ Fahrräder zur Verfügung stellte. Der Werkstatt-Grundsatz: Räder, die nicht gerichtet werden können, werden ausgeschlachtet.
Weil die ehemalige Hofackerschule umgenutzt werden sollte, bot die Stadt der Fahrradwerkstatt als Ersatz bessere, ja optimale Räumlichkeiten im Bildungszentrum Bohlschule an. Der Umzug in das zentral gelegene und gut erreichbare Gebäude in der Friedrichstraße 50 erfolgte im Februar 2018. Die offizielle Eröffnung nahm OB Thilo Rentschler vor. Er freue sich, dass es in Aalen diese Werkstatt gebe. Dies sei ein starkes Zeichen für den guten Zusammenhalt in der Stadt.
Das Werkstatt-Team kümmert sich auch um die vor dem Bildungszentrum aufgestellte Mobilitätsstation der Stadt. So meldete es bereits Schäden und tauschte eigenständig mehrfach die defekte Fahrradpumpe aus.
Der Betrieb der Werkstatt stößt nun auch im Bildungszentrum Bohlschule an seine Grenzen.
Hier finden Sie das Video der ARD Mediathek. Schauen Sie den Bericht vom 23. Dezember 2023 über die Fahrradwerkstatt an, der etwa bei Minute 11 der Sendung "SWR Aktuell" um 19:30 Uhr beginnt.
Am 15. November 2023 besuchte ein Film-Team des SWR-Studios Ulm die Werkstatt.
Martin Nester und Dr. Ulrich Speidel, der „Gründungsvater“ der Werkstatt, wurden interviewt und gaben Auskunft. Ehemalige Kunden kamen zu Wort, die nun in der Werkstatt selbst mitarbeiten und sich dort gerne einbringen. Im weiteren Dreh ging es um den regen Betrieb in der Werkstatt und die Arbeit des dortigen Teams, das sich auch an diesem Tag wieder im Flur vor der Werkstatt um defekte Räder kümmern musste.
Am 17. November 2023 feierte die Werkstatt im OG des Bildungszentrums Bohlschule ihr 10-jähriges Bestehen.
Martin Nester begrüßte die vielen Gäste, blickte zurück auf die Anfänge und das Werden der Werkstatt und ging auf deren soziales Engagement ein. Die Werkstatt sei weit mehr als „nur“ eine Werkstatt. Er dankte seinem Team, das den Erfolg der Werkstatt erst ermöglicht habe. Sein Hinweis an den OB: „Erfolg hat seinen Preis – der Betrieb in der Werkstatt stößt nun auch in der Bohlschule an seine Grenzen“.
(v. links - Foto: ADFC)
Oberbürgermeister Frederick Brütting betonte die Wichtigkeit der Werkstatt für die Stadt. Er dankte den Ehrenamtlichen für deren großartigem Einsatz und hob deren auch für die Stadt so wichtiges soziales Engagement hervor. „Die Stadt ist weiterhin gerne für die Werkstatt da und ich finde, dass das Bildungszentrum Bohlschule von der Lage und dem Umfeld sehr gut für den Werkstattbetrieb geeignet ist“. Den ADFC Aalen, so sein Hinweis an Dr. Susanne Garreis, betrachte er als wichtigen Partner zur Verbesserung der städtischen Radinfrastruktur. Der ADFC Aalen arbeite im Arbeitskreis Radverkehr mit und zeige immer wieder, wo die Stadt etwas verbessern könne. „Der Trend, das hat der vergangene Fahrradklima-Test gezeigt, geht in Aalen in die richtige Richtung und die Noten werden sicherlich noch besser werden“.
Landratsamts-Dezernent Thomas Wagenblast beglückwünschte die Ehrenamtlichen der Werkstatt auch im Namen des Landrates Dr. Joachim Bläse zum Jubiläum und zu zehn Jahre bewegte Geschichte. Er bedankte sich für die Arbeit des Werkstatt-Teams und hob dessen Engagement als Zeichen des gesellschaftlichen Zusammenhalts hervor. Dazu hob er die Zusammenarbeit des Landratsamtes mit dem ADFC Aalen hervor. Hier nannte er beispielsweise den „Runden Tisch Radverkehr“, die Fortschreibung des Radverkehrskonzeptes und die Besprechung mit dem Kreisbauernverband über das Radfahren auf Wirtschaftswegen. „Herzlichen Dank an Dr. Susanne und Dr. Reiner Garreis für deren sehr gute und stets konstruktive Mitwirkung.“ Der ADFC Aalen sei dem Landratsamt ein wichtiger Partner als „Träger öffentlicher Belange“.
Die stellvertretende ADFC-Landesvorsitzende Dr. Susanne Garreis sprach über die Bedeutung der Fahrradwerkstatt unter dem Dach des ADFC. Sie dankte dem ehrenamtlichen Werkstatt-Team für dessen Engagement, das interkulturell und integrativ orientiert sei, damit weit über eine reine Werkstattarbeit hinausgehe und die Nachhaltigkeit, die Freude und die Freiheit des Radfahrens auf die Straße bringe. Weiter sprach sie den Paradigmenwechsel im neuen Straßenverkehrsgesetz an, der – nach der noch ausstehenden Zustimmung des Bundesrates – die Nachrangigkeit des Radverkehrs (fast) beenden werde. „Den obersten Zweck des ADFC, die Unfallverhütung, erfüllt diese Werkstatt in besonderem Maß, auch durch die Fahrradlernkurse.“ Die Werkstatt mache Radfahren in Aalen sicherer, genauso wie die ebenfalls von ADFC-Mitglied Dr. Ulrich Speidel initiierte Aktion „Toter Winkel“.
Dr. Ulrich Speidel blickte dann auch zurück auf die Anfänge der Werkstatt in beengten Kellerräumen und freute sich über die weitere erfolgreiche Entwicklung. Den Anstoß dazu habe seinerzeit ein Hinweis von Herr Maile von der Polizeidirektion Aalen gegeben.
Den Reigen der anschließenden Werkstatt-Führungen eröffnete Martin Nester mit OB Brütting, Dezernent Wagenblast, Dr. Susanne Garreis, Gemeinderatsmitgliedern und der Presse.
Die Feier ging bei einem regen Gedankenaustausch weiter. Dazu gab es Getränke und frisch zubereitete tamilische Köstlichkeiten.
Das ehrenamtliche Werkstatt-Team besteht aktuell aus acht Personen. Dabei auch Martin Nester, der Leiter der Werkstatt, der dem Team seit dem ersten Tag angehört. Auch arbeiten einige ehemalige Kunden der Werkstatt zwischenzeitlich selbst dort mit.
Regelmäßige Öffnungszeiten: ganzjährig, mittwochs 15:00 Uhr bis 17:30 Uhr.
Info und Kontakt zur Fahrradwerkstatt:Die Fahrradwerkstatt wird ehrenamtlich betrieben und ist unter dem Dach des ADFC organisiert.
Hier finden Sie den gesamten Artikel in der Leseansicht.Aalen, November 2023
Das müssen sich die Aktiven von der Fahrradwerkstatt nicht lange fragen. Denn die ersten
Flüchtlinge sind in Aalen angekommen und gleich gibt es in der
Fahrradwerkstatt jede Menge zu tun. So galt es, eine ganze Familie -
nein, der Vater ist in der Ukraine geblieben - mit Fahrrädern
auszustatten. Dank finanzieller Unterstützung einer alten Dame
konnte die Werkstatt Fahrräder für die Mutter mit ihren
zwei Kindern sowie für zwei Kinder einer verwandten Familie
bereitstellen. Durch den Anstieg der Spritpreise werden zunehmend Menschen mit geringem Einkommen aufs Fahrrad umsteigen wollen. Wegen des zu erwartenden Ansturms werden die Vorräte an gebrauchten Fahrrädern bald erschöpft sein. Deshalb freut sich das Team der Fahrradwerkstatt über weitere Fahrradspenden. |
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Während der Coronazeit haben viele Menschen erkannt, dass das Fahrrad ein Mittel ist, der Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln zu entgehen. Deshalb war der Service der ADFC Fahrradwerkstatt in diesen Zeiten umso wichtiger, da insbesondere Menschen mit geringem Einkommen immer noch von den wirtschaftlichen Folgen durch Corona - und jetzt erst recht durch den Ukrainekrieg - betroffen sind.
Die Fahrradwerkstatt im Untergeschoss der ehem. Bohlschule hat ihren Betrieb zur Zeit normalisiert. Es können wieder Reparaturarbeiten gemeinsam mit Kunden durchgeführt werden. Der Verkauf von Fahrrädern findet statt. Wegen des Bedarfs für Geflüchtete aus der Ukraine ist der Vorrat an guten gebrauchten Rädern ziemlich zusammengeschmolzen.
Deshalb: Wenn Sie noch alte Fahrräder haben, die Sie nicht mehr benutzen, spenden Sie diese bitte an die Fahrradwerkstatt. Wenn Sie eine Fahrradspende abgeben wollen, nehmen Sie bitte Kontakt per Mail auf.
Die Initiatoren des „Welcome Festivals“, Marcel Heberling und Philipp Fink, besuchten am 4. Februar die ADFC-Fahrradwerkstatt und übergaben den Festival-Erlös in Höhe von 680 Euro. Mit dieser Spende wollten die Initiatoren die Arbeit der ehrenamtlich betriebenen Fahrradwerkstatt des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Aalen (ADFC) unterstützen. Martin Nester, der ADFC-Sprecher des Werkstatt-Teams, freute sich über diesen Betrag und wollte ihn für die Werkstattausstattung verwenden. |
Die integrative Radtour besucht das neue Sammelsurium-Museum in Fachsenfeld.Die diesjährige Radtour von Aktiven aus dem Projekt Fahrradwerkstatt zusammen mit Flüchtligen hatte als Ziel das Sammelsurium-Museum, das die private Sammlung von Petra und Klaus Wunderle in neu geschaffenen Räumen in Fachsenfeld zeigt. |
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Bei dieser von zertifizierten Tourenleitern geführten Tour gab es nach einem "Crash-Kurs" in Sachen Verkehrsregeln und Fahrradwegweisung bei schönstem Wetter eine Ausfahrt auf ruhigen Wegen, die selbst Rad-erfahrene Aalener oft nicht kennen. Unterwegs einen Zwischenstopp in Dewangen, bei dem einiges über die Geschichte der alten Kirche mit Wehrturm aus dem 13. Jh. zu erfahren war. Für das leibliche Wohl sorgte das Rote Kreuz in Fachsenfeld mit Speisen, zubereitet vom afghanischen Koch der dortigen Flüchtlingsinitiative. |
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Das Highlight der Tour war dann die ausführliche Erklärung besonderer Exponate durch Herrn Klaus Wunderle in seinem Museum: historische Fahrzeuge, Industriemaschinen, Haushaltsgegenstände. Rote Linie bei Entstehung und Entwicklung seines Museums ist: Achte den Erfindungsreichtum und die Kunstfertigkeit, die in vielen alten Dingen steckt. Durch leichtfertiges Wegwerfen geht zusammen mit den Dingen vor allem wertvolles Wissen und Können aus vergangenen Zeiten verloren. Bei den Aktiven der ADFC Fahrradwerkstatt, die teilweise auch beim Repair-Café mitarbeiten, traf diese Botschaft auf offene Ohren. Alle Teinehmer*Innen danken Herrn Wunderle für seine Gastfreundschaft. |